Im Zuge der anhaltenden Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China und den daraus resultierenden Wirtschaftssanktionen, hat der amerikanische Technologiekonzern Nvidia eine neue Strategie für den chinesischen Markt entwickelt. Um den strengen Exportbeschränkungen zu begegnen, bringt das Unternehmen nun den AI-Beschleuniger Nvidia H20 zu deutlich reduzierten Preisen in China auf den Markt. Diese Maßnahme wird als direkte Antwort auf die Handelsrestriktionen verstanden, die von den USA als Reaktion auf sicherheitspolitische Bedenken eingeführt wurden.
Der H20, ein in der Leistung herabgesetztes Modell im Vergleich zu seinen Pendants H100 und dem zukünftigen GH200, wird zu Preisen von etwa 12.000 bis 15.000 US-Dollar angeboten, was ungefähr die Hälfte dessen ausmacht, was westliche Kunden für ein vergleichbares Modell ohne Leistungseinschränkungen zahlen müssten. Dieser Schritt folgt auf vorherige Versuche Nvidias, mit den Modellen H800 und A800 auf die Sanktionen zu reagieren, die jedoch ebenfalls auf die schwarze Liste der US-Regierung gesetzt wurden. Das Unternehmen reagierte daraufhin Ende 2023 mit der Ankündigung der Modelle H20, L20 und L2, die mit weiter reduzierter KI-Leistung für den Export nach Osten konzipiert wurden.
Der H20-Beschleuniger, der im zweiten Quartal dieses Jahres ausgeliefert werden soll, repräsentiert einen neuen Weg, wie Technologieunternehmen auf geopolitische Spannungen reagieren und dabei weiterhin auf globalen Märkten agieren können. Trotz der niedrigeren Preise muss jedoch angemerkt werden, dass die Leistung des H20 im Vergleich zum vollwertigen H100 deutlich geringer ist. So bietet der H20 in verschiedenen Rechenleistungsparametern nur einen Bruchteil der Kapazität des H100, beispielsweise bei INT8 und FP8 Tensor Core nur 296 TFLOPS anstelle von 3.958 TFLOPS (mit Sparsity-Beschleunigung) und bei TF32 Tensor Core 74 TFLOPS im Vergleich zu 989 TFLOPS.
Auch bei High-End-Servern, die mit acht H20-Karten bestückt sind, liegt der Preis in China mit rund 196.000 US-Dollar weit unter den Kosten ähnlicher Systeme auf dem westlichen Markt, wo Preise ohne Steuern von etwa 350.000 US-Dollar oder in Deutschland leicht über 360.000 Euro inklusive Mehrwertsteuer anfallen. Die chinesischen Kunden erhalten demnach zwar einen günstigeren Preis, müssen dafür aber auch erhebliche Abstriche in der Leistungsfähigkeit hinnehmen.
Nvidia bietet seinen Kunden im Westen ebenfalls Optionen für mehr Speicher und höhere Speicherbandbreiten an. Beim H100 NVL mit zwei GPUs erhält man beispielsweise 188 GB und 7,8 TB/s, also 94 GB und 3,9 TB/s pro GPU, und der GH200 mit angedockter Arm-CPU bietet einer einzelnen GPU sogar 141 GB mit 5 TB/s. Diese Modelle stehen allerdings nicht in für den chinesischen Markt angepassten Konfigurationen zur Verfügung.
Die Einführung des Nvidia H20 AI-Beschleunigers in China zu einem deutlich reduzierten Preis verdeutlicht die komplexen Herausforderungen, mit denen globale Technologieunternehmen konfrontiert sind, wenn sie versuchen, ihre Produkte in einem von geopolitischen Konflikten geprägten Umfeld zu vermarkten. Es zeigt auch, wie Unternehmen gezwungen sind, ihre Geschäftsstrategien anzupassen, um weiterhin auf wichtigen Märkten präsent zu sein, selbst wenn dies bedeutet, Produkte mit geringerer Leistung anzubieten.
Quellen:
- La Rocco, Nicolas. "Nvidia H20: AI-Beschleuniger für China kostet deutlich weniger." ComputerBase, 5. Februar 2024.
- South China Morning Post. (Referenziert in ComputerBase-Artikel)
- FinanzNachrichten.de. "Nvidia: Jetzt müssen die Analysten nachlegen." 2. Februar 2024.
- FinanzNachrichten.de. "Mittwoch weiß man mehr: Bald 800 US-Dollar je Nvidia Aktie? Bullishe Goldman Sachs treibt Rallye voran." 5. Februar 2024.
- ComputerBase Forum. "Nvidia H20: AI-Beschleuniger für China kostet deutlich weniger." Diskussionsthread, 2024.