Die Diskussion um die Vor- und Nachteile von künstlicher Intelligenz (KI) für die Demokratie zieht sich bereits seit einigen Jahren durch die Medien und die politischen Debatten. Einerseits wird befürchtet, dass KI-Werkzeuge wie Deepfakes, also realistisch wirkende Video- und Audiofälschungen, die Demokratie untergraben könnten, indem sie Verwirrung und Misstrauen unter den Wählern schüren. Andererseits gibt es viele Hoffnungen, dass KI die Demokratie stärken könnte, indem sie Verwaltungsprozesse effizienter macht, die Wählerbildung verbessert und die Bürgerbeteiligung fördert.
In der Tat ist KI bereits jetzt ein fester Bestandteil unseres Alltags – von E-Mail-Programmen wie Microsoft Outlook bis hin zu Bildbearbeitungssoftware wie Adobe Photoshop. Es liegt also nahe, dass auch im politischen Bereich KI-Technologien genutzt werden könnten. Beispielsweise laufen verschiedene Initiativen, die KI nutzen, um beispielsweise Wahlkampfmaterialien zu erstellen oder um Chatbots zur Schulung von Wahlhelfern einzusetzen. Organisationen wie das Campaign Lab im Vereinigten Königreich bieten Schulungen für politische Kampagnen an, in denen der Umgang mit KI-Tools wie ChatGPT gelehrt wird. Sie betonen jedoch, dass der finale Inhalt sorgfältig überprüft werden muss, da KI-Modelle wie ChatGPT dazu neigen können, unzutreffende Informationen zu "halluzinieren".
Ein Beispiel für die Integration von KI in den Wahlprozess war die Kandidatur von Andrew Gray im Vereinigten Königreich, der als unabhängiger Kandidat "angetrieben von KI" im Wahlkreis Selby und Ainsty antrat, aber letztlich nur 99 Stimmen erhielt. Seine Kampagne basierte auf Polis, einem KI-gestützten Werkzeug, das es ermöglicht, Konsens in Gruppen mit unterschiedlichen Meinungen durch Abstimmungen und Diskussionen zu erreichen. Dieses Tool wurde bereits von Taiwans Regierung verwendet, um kontroverse Fragen zu klären.
KI kann auch im Bereich der Meinungsforschung genutzt werden. Fortschrittliche "Regressionspolls", wie sie von YouGov für Vorhersagen verwendet werden, wären ohne KI nicht möglich. Organisationen wie Deltapoll arbeiten mit Start-ups wie Bombe zusammen, die KI zur Analyse von Umfragedaten aus kleineren Stichproben verwenden. Dennoch wird die Idee, KI zur Simulation von Wählerantworten zu nutzen, von Experten wie Joe Twyman von Deltapoll abgelehnt, da Menschen komplexer und unvorhersehbarer seien als von vergangenen Daten trainierte Maschinen.
Das Potential von KI zur Stärkung der Demokratie ist folglich vielfältig und reicht von der Verbesserung der Wahlverwaltung über neue Möglichkeiten im Wahlkampf bis hin zur Bürgerbeteiligung. KI könnte beispielsweise dabei helfen, den Prozess der öffentlichen Stellungnahme zu demokratisieren, indem sie es Bürgern erleichtert, ihre Meinungen zu äußern und sich mit ähnlich denkenden Personen zu organisieren. Maschinelles Lernen könnte genutzt werden, um individuelle Interessen zu sammeln und zu aggregieren, und könnte schließlich dazu beitragen, diese Interessen mit spezifischen Themen in Verbindung zu bringen, zu denen Regulierungsbehörden öffentliche Kommentare entgegennehmen.
Gleichzeitig birgt KI jedoch auch Risiken für die Integrität von Wahlen. Sie könnte zur Verbreitung von Fehlinformationen und Desinformationen genutzt werden und damit die Gefahr von Wahlbetrug und Wählerunterdrückung erhöhen. Des Weiteren könnte KI dazu verwendet werden, politische Bots, Deepfakes und andere visuelle Täuschungen zu erzeugen, die bereits jetzt das Informationsökosystem vor Wahlen in verschiedenen Demokratien durcheinanderbringen.
Es ist klar, dass die Zukunft der KI in der Politik von der Art und Weise abhängen wird, wie sie implementiert wird, und von der Fähigkeit der Gesellschaft, mit den Risiken umzugehen, die sie mit sich bringt. Während einige KI-Werkzeuge sich als sehr mächtig erweisen könnten, könnten andere sich als nutzlos herausstellen oder sogar von Betrügern missbraucht werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass demokratische Regierungen, politische Entscheidungsträger und Wahlbefürworter Best Practices entwickeln und Warnungen aussprechen.
Die Europäische Union passt derzeit ihr rechtliches Rahmenwerk an, um die Gefahren, die mit KI einhergehen, anzugehen und die Verwendung von vertrauenswürdigen, transparenten und verantwortungsbewussten KI-Systemen zu fördern. Spezifische Werkzeuge zur Erkennung von KI-generierten Inhalten und Techniken wie Watermarking könnten hierbei eine Rolle spielen, um klar anzuzeigen, dass Inhalte von KI generiert wurden.
Letztendlich ist KI ein mächtiges Werkzeug, das sowohl Chancen als auch Herausforderungen für die Demokratie bietet. Wie die Gesellschaft mit dieser Technologie umgeht, wird nicht nur die Effektivität des politischen Prozesses, sondern auch das Vertrauen der Bürger in das demokratische System prägen.
Quellen:
1. BBC News: https://www.bbc.com/news/uk-politics-68627916
2. Brookings Institution: https://www.brookings.edu/articles/ai-can-strengthen-u-s-democracy-and-weaken-it/
3. Yahoo News: https://www.yahoo.com/news/could-artificial-intelligence-benefit-democracy-013000757.html
4. Europäisches Parlament Think Tank: https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document/EPRS_BRI(2023)751478